Hier finden Sie aktuelle Informationen zum Albert-Schweitzer-Jahr 2025.
Meine Damen und Herren,
„Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“ Das ist der vielleicht bekannteste Satz des Mannes, an dessen 150. Geburtstag wir heute zusammengekommen sind. Der Satz passt an den Beginn eines Festvortrages über Albert Schweitzer an diesem so besonderen Tag heute, denn der Satz zeigt zugleich, welche Aktualität das Denken und das Lebenszeugnis dieses Mannes angesichts der aktuellen Gefährdungen des Lebens für uns heute hat.
In einer Zeit, in der Institutionen im Allgemeinen und die Kirchen im Besonderen mehr denn je kritisch auf ihre Glaubwürdigkeit hin befragt werden, schauen wir auf einen Mann, dessen Ausstrahlung maßgeblich darauf beruhte, dass er seinen Glauben im Leben bewähren wollte und deswegen statt der ihm in ganz unterschiedlichen Bereichen offenstehenden Karrieren auf allen Komfort und auf den möglichen materiellen Wohlstand verzichtet hat und einfach als Arzt in den afrikanischen Wald gegangen ist, um Menschen zu helfen und Leben zu retten.
In einer Zeit, in der Kriege, wie lange nicht mehr, die Nachrichten bestimmen, hören wir sein leidenschaftliches Zeugnis für den Frieden, der ihm sogar den Friedensnobelpreis eingebracht hat.
In eine Zeit hinein, in der, angeheizt durch die Algorithmen im Internet, Hass und Inhumanität in der öffentlichen Kommunikation um sich greifen, spricht er sein leidenschaftliches Plädoyer für Liebe und Menschlichkeit.
In einer von extremer wirtschaftlicher Ungleichheit geprägten Weltlage, in der alle 13 Sekunden ein Kind unter 5 Jahren an den Folgen von Hunger stirbt, bezeugt er mit seinem Leben, dass jeder Mensch geschaffen ist zum Bilde Gottes und deswegen ein Leben in Würde verdient.
Und in einer Situation, in der wir Menschen die Natur immer mehr zerstören, die Biodiversität in akuter Gefahr ist und die Folgen des Klimawandels immer bedrohlicher werden, könnte dieser Satz nicht aktueller sein: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“
Wir hören die Bedrohungsszenarien nahezu täglich. Manche halten die Ballung von Unheilsmeldungen kaum noch aus und ziehen sich resigniert zurück. Genau deswegen ist es wichtig, von Albert Schweitzer zu erzählen, seinen 150. Geburtstag angemessen zu feiern und ihn in unsere Zeit hinein sprechen zu lassen. Denn er gehört zu den Menschen in der Geschichte, deren Zeugnis angesichts all der moralischen Imperative, die uns angesichts der gegenwärtigen Weltlage umgeben, nicht schlechtes Gewissen verbreitet, sondern durch ihr eigenes glaubwürdiges Zeugnis in Wort und Tat andere inspirieren und Lust auf ein gutes Leben machen, das dann auch die Welt verändern kann. Schweitzer steht dabei in einer Reihe mit geschichtlichen Persönlichkeiten wie Dietrich Bonhoeffer, Sophie Scholl, Nelson Mandela, Harriet Tubman, Martin Luther King oder Bertha von Suttner.
Um die Relevanz Albert Schweitzers für heute deutlich zu machen, muss ich nicht näher auf seine Biographie eingehen. Sie ist weithin bekannt. Ich will vielmehr zunächst anhand von drei Themen Impulse seines Denkens in Erinnerung rufen: seiner Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben, seinem Friedensengagement und seinen aus der Leidenschaft für die Musik kommenden Gedanken über die Verbindung von Ethik und Ästhetik. Dann will ich anhand einer kritischen Rückfrage deutlich machen, wie wir heute mit Schweitzer über Schweitzer hinausdenken können.
In Bezug auf den eingangs zitierten Satz Albert Schweizers – „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“ – hat Hans Walter Baer in seiner Einleitung des Buches mit den entsprechenden Texten Schweitzers festgestellt: „Wie immer die kritische Erörterung über die Anwendung und die Deutungen des ethischen Satzes der Ehrfurcht vor dem Leben verlaufen mag, so wird er doch in seiner Substanz einer der herausragenden Gedanken der Ethik der neueren Zeit bleiben, einer ihrer wenigen großen Erkenntnisakte. Die Argumente können sich wandeln, neue Auffassungen sich öffnen, doch die einmal gefundene elementare Grundwahrheit dieser Ethik wird, wie andere Fundamentalsätze, im ethischen Ideengut der Kulturgemeinschaft fortleben und fortwirken.“[1] Ob diese Worte aus dem Jahr 1966 ins Ziel gekommen sind, wird man knapp 60 Jahre später dahingestellt sein lassen müssen. Verdient hätte der Satz diese Wirkung. Und vielleicht hat er unter der Oberfläche auch viel mehr gewirkt als das an den Zitathäufigkeiten in wissenschaftlichen Texten nachweisbar ist.
Denn er brachte etwas zum Ausdruck, was heute mehr denn je ins Bewusstsein getreten ist: die Achtung und Wertschätzung gegenüber der außermenschlichen Natur. Gerade die heute so offensichtliche Verletzlichkeit der Natur hat auch ihre Kostbarkeit wieder neu ins Bewusstsein gebracht. Immer mehr Menschen – und das sage ich trotz aller auch aus der Politik kommenden Gegentendenzen – verstehen, dass Achtsamkeit gegenüber der Natur eben nicht nur oder zuallererst Verzicht bedeutet, sondern einen Gewinn an Lebensqualität. Dass das Bio-Siegel heute nicht mehr speziellen Biomärkten vorbehalten bleibt, sondern auch in die Supermärkte Einzug gehalten hat, ist nur ein Indiz dafür. Und wenn wir uns mit guten Gründen darüber ärgern, dass, wo Bio draufsteht, noch lange nicht Bio drin sein muss, dann ist selbst die Missbrauchsanfälligkeit dieser Werbemaßnahme noch ein solches Indiz. Denn der Run auf das Biosiegel bei den Anbietern zeigt, dass Achtsamkeit gegenüber der Natur eben nicht mehr als Credo einiger Ökoprediger in die Nische abgedrängt werden kann, sondern zu einer der erstrebenswertesten gesellschaftlichen Tugenden unserer Zeit geworden ist.
Gut – so sagt Schweitzer schon in einer Predigt am 23. Februar 1919 in Straßburg – „ist, Leben erhalten und fördern; schlecht ist, Leben hemmen und zerstören.“[2] Er erläutert seinen Leitsatz vom Leben, das Leben will, inmitten von Leben, das Leben will, immer wieder mit konkreten Beispielen oder auch Erinnerungen an Situationen in seiner Jugend, in denen er intuitiv bedrohtem Leben, und sei es noch so klein, zu Hilfe gekommen war. Zugleich ist er sich der Unvermeidlichkeit der Vernichtung von Leben sehr bewusst: „du gehst auf einem Waldpfad; die Sonne scheint in hellen Flecken durch die Wipfel hindurch; die Vögel singen; 1000 Insekten summen froh in der Luft. Aber dein Weg, ohne dass du etwas dafür kannst, ist Tod. Da quält sich eine Ameise, die du zertrittst, dort ein Käferchen, das du zerquetscht, dort windet sich ein Wurm, über den dein Fuß gegangen. In das herrliche Lied vom Leben klingt die Melodie von dem Weh und Tod, die von dir, dem unschuldig Schuldigen kommen, hinein.“ (LEL 35).
Die Versuchung ist groß, auf die Unvermeidlichkeit der Zerstörung von Leben mit Gedankenlosigkeit zu reagieren, das Zerstören von Leben also gar nicht mehr wahrzunehmen. Auch die schlichte Abstumpfung oder die Verdrängung ist eine solche Versuchung.
Die Antwort der Ethik von der Ehrfurcht vor dem Leben ist eine andere: Bewahre dir deine Empfindsamkeit. Nimm wahr, wo du Leben zerstörst. Verschließe dich auch nicht der Einsicht, dass damit Schuld verbunden ist. Und dann sieh, wo du Leben bewahren kannst. „Alles was du tun kannst, wird in Anschauung dessen, was getan werden sollte, immer nur ein Tropfen statt eines Stromes sein; aber es gibt deinem Leben den einzigen Sinn, den es haben kann, und macht es wertvoll.“ Leben erhalten – so Schweitzer – „ist das einzige Glück. Denn mit dem Mitleiden ist zugleich die Fähigkeit des Mitfreuens gegeben. „Mit der Abstumpfung gegen das Mitleiden verlierst du zugleich das Miterleben des Glücks der anderen.“ (LEL 36).
„Ethik, die uns Ehrfurcht vor allem Leben und Liebe zu allem Leben lehren will“, sagt Schweitzer, „muss uns zugleich in schonungsloser Weise die Augen darüber öffnen, in wie vielfacher Weise wir uns in der Notwendigkeit befinden, Leben zu vernichten und zu schädigen, und in welch‘ schweren Konflikten wir uns ständig bewegen, wenn wir wagen, uns nicht durch Gedankenlosigkeit zu betäuben“ (LEL 98).
Wer sich davon berühren lässt, „schädigt und vernichtet… Leben nur aus Notwendigkeit, der er nicht entrinnen kann, niemals aus Gedankenlosigkeit“ (LEL 149).
Die Verbindung von Leidempfindlichkeit auch gegenüber der außermenschlichen Natur mit einem klaren Realismus im Blick auf die Konfliktdimension innerhalb der Natur sowie zwischen Mensch und außermenschlicher Natur ist eine ethische Weichenstellung Schweitzers, die von hoher Relevanz für die ökologische Ethik ist, die wir heute brauchen. Denn viel zu lange haben wir uns in einer ethischen Landschaft bewegt, in der Ethik entweder rein anthropozentrisch gedacht wurde oder Natur als Beziehungsnetz gesehen wurde, bei dem die konfliktive Dimension schlicht ignoriert wurde, mit der Folge, dass von diesem ethischen Ansatz wenig Orientierungskraft für konkrete Alltagsentscheidungen ausging.
Es gehört zu den wesentlichsten Erträgen der neueren ökumenischen Debatte um die Schöpfungstheologie, dass sie – von Ausnahmen abgesehen – eine ökologisch-theologische Neuorientierung eingeleitet hat, ohne dass diese Neuorientierung eine harmonistische Naturvorstellung implizierte. Der Heidelberger Theologe Gerhard Liedke, der seine ökologische Konflikttheorie in die ökumenischen Diskussionen einbrachte, hat in diesem Zusammenhang von der „Minimierung der Gewalt“ gegen die außermenschliche Natur gesprochen.[3] Diese Formel erkennt – ganz im Sinne Albert Schweitzers – an, dass menschlicher Umgang mit der Natur, auch dann, wenn er vom „Bebauen und Bewahren“ geleitet ist, immer auch die Vernichtung nicht-menschlichen Lebens mit einschließt. Sie ist zudem nicht angewiesen auf eine ethische Gleichsetzung aller verschiedenen Formen des Lebens, nach der auch das Töten von Nacktschnecken im Garten als eine Form des Massenmordes angesehen werden müsste. Gleichzeitig hält sie aber fest, dass die Zerstörung von Natur nichts ist, was im Belieben des Menschen steht, und richtet eine ethische Barriere gegen willkürliche Zerstörung auf. Wolfgang Huber hat in diesem Zusammenhang von der „Würde der Natur“ gesprochen. An die Stelle einer ökologisch rücksichtslosen „Anthropozentrik der Interessen“ hat er eine ökologisch bewusste „Anthropozentrik der Verantwortung“ gesetzt.[4]
Auch wenn Albert Schweitzer die ethischen Implikationen der notwendigen ökologischen Transformation unserer hoch komplexen globalisierten Wirtschaft noch nicht durchdenken konnte, so muss die ökologische Leidsensibilität, zu der er schon vor 100 Jahren aufgerufen hat, als wesentliche Grundlage für die Bewusstseinsveränderung gesehen werden, die für eine solche ökologische Transformation so dringend nötig ist.
Ähnliches gilt für sein Friedensengagement.
Bekannt geworden ist Albert Schweitzer für sein Friedensengagement durch sein Engagement gegen die Atomwaffen und die Preise, die er dafür erhalten hat, allen voran der Friedensnobelpreis 1952 und der Friedenspreis des deutschen Buchhandels 1951. Diese politischen Zuspitzungen waren gleichwohl verwurzelt in seinem immer wieder vorgetragenen Plädoyer für einen neuen Geist der Humanität, der für ihn in einer ausgeprägten Christusmystik verwurzelt war, den er aber als Verpflichtung aller Menschen jenseits weltanschaulicher Grenzen einzuschärfen versuchte.
Was dem Christentum not tut, so Schweitzer, „ist, daß es ganz von dem Geist Jesu erfüllt sei und in diesem sich zur lebendigen Religion der Verinnerlichung und der Liebe vergeistige, die es seiner Bestimmung nach ist.“ (LEL 154). Als entscheidendes Kriterium der Menschheitsidee sieht er die „Ethik der allgemeinen Menschenliebe“. „Diese Gewissheit, aus der Verkündigung Jesu aufgenommen und erlebt,“ so Hans Walter Bähr ein Jahr nach seinem Tod 1965 – „ist Zentrum seines ethischen Denkens.“[5]
„In der Humanitätsgesinnung,“ – so sagt er 1954 in seiner Rede bei Entgegennahme des Friedensnobelpreises in Oslo – aus der aller Fortschritt zur höheren Daseinsweise des Menschen kommt, „sind wir uns selber treu; in ihr sind wir fähig, schöpferisch zu sein. In der Gesinnung der Inhumanität sind wir uns selber untreu und damit allem Irren ausgeliefert“ (LEL 123).
Diese Worte sind hochaktuell. Denn die größte Hürde zur Überwindung in vielen der gewaltsamen Konflikte unserer Zeit ist die innere Immunisierung gegenüber dem Leid der anderen. Diese Diagnose nimmt nichts weg von der zentralen Bedeutung der Unrechtsverhältnisse, die gewaltsamen Konflikten häufig zugrunde liegen. Denn in vielen Fällen ist es gerade die Unrechtserfahrung auf beiden Seiten, die Lösungen so schwer macht. Aber gerade wo beide Seiten in dem sicheren Gefühl leben, sich gegen das schlimme von der anderen Seite zugefügte Unrecht wehren zu müssen, versiegen die Quellen der Empathie für das Leid der anderen immer mehr.
Bei keinem Konflikt unserer wird das gegenwärtig schmerzlicher sichtbar als bei dem Konflikt in Israel und Palästina.
Menschen protestieren mit guten Gründen gegen das Unrecht, das den Palästinensern in der Vergangenheit angetan worden ist und ihnen heute durch Siedlergewalt und völlig unverhältnismäßige israelische Bombardements angetan wird. Die Empörung, die sie empfinden und der sie in Demonstrationen Ausdruck verleihen, ist in der Regel Ausdruck echter Empathie. Deswegen darf man sie nicht abqualifizieren oder gar pauschal rechtlich ächten. Aber wie kann es sein, dass bei manchen von ihnen keinerlei Betroffenheit gegenüber brutalen Morden und Geiselhaft der Hamas an so vielen unschuldigen Menschen zu spüren ist und sie im schlimmsten Fall sogar Freudentänze darüber aufführen? Wie kommt es, dass Feministinnen die schreckliche sexualisierte Gewalt von Hamas-Kämpfern gegenüber israelischen Frauen als Nebenfolge eines Befreiungskampfes abhaken oder sie gar ganz leugnen?
Umgekehrt stehen Menschen angesichts von weltweitem Antisemitismus und kontinuierlicher Vernichtungsdrohungen nach den retraumatisierenden Hamas-Morden mit guten Gründen an der Seite Israels. In Deutschland tun sie das nicht zuletzt deswegen, weil sie sich das unfassbare Leiden der Juden im Dritten Reich wirklich haben nahegehen lassen. Es ist diese Leidsensibilität, die zu dem „Nie wieder“ geführt hat, heute oft ergänzt als „Nie wieder ist jetzt!“
Aber wie kann es sein, dass es unter ihnen lange Zeit so wenig sichtbares Entsetzen angesichts des unfassbaren Leids gab und manchmal noch gibt, das den Menschen in Gaza durch monatelange Bombardements mit vermutlich 45 000 Toten, viele davon Frauen und Kinder, angetan wurde und wird?! In jedem anderen Fall eines uns nahestehenden Landes hätten wir ja alle lautstark protestiert! Ist Leidsensibilität teilbar?
Nein, natürlich nicht! Was wir brauchen, ist radikale Leidsensibilität – und die kann sich nie danach richten, wer betroffen ist. Die gilt, wie die Menschenwürde selbst, für jeden Menschen.
Ein Beispiel dafür, wo solche radikale Leidsensibilität nach den Hamas-Morden des 7. Oktober 2023 eindrucksvoll sichtbar wurde, will ich erzählen. Im Internet werden viele Videos verbreitet, die das ungeheure Leid zum Ausdruck bringen, dessen Zeuge wir sind. In den meisten Fällen zielen diese Videos darauf ab, den Schmerzensschrei der einen Seite zu unterstützen. Und das ist legitim, ja sogar notwendig, um den Zahlen der Leidenden ein menschliches Gesicht zu geben. Da dieses sehr emotionale Instrument jedoch so oft missbraucht wird, um Unterstützung für die eigene Sache zu finden, muss man vorsichtig sein, was die Vertrauenswürdigkeit einiger dieser Videos angeht. Ein Video hat mich jedoch besonders berührt, weil es die Grenzen überschreitet und die Universalität des Leidens und den Ruf nach einem gerechten Frieden anerkennt. Es stammt von einer 19-jährigen Israelin, die den brutalen Hamas-Angriff im Kibbuz Be’eri überlebt hat. Am 11. Oktober, vier Tage nach ihrem traumatischen Erlebnis, spricht sie in eine Kamera und sagt:
„Die Welt schuldet mir die Zeit zuzuhören. Wie soll ich morgens aufstehen, Bürger Israels, Politiker, Einwohner Israels und im Ausland? Es ist mir egal, wer mir zuhört. Hören Sie mir gut zu. Wie soll ich morgens aufstehen, wenn ich weiß, dass es 4,5 km vom Kibbutz Be’eri entfernt, in Gaza, Menschen gibt, für die dieses Ereignis noch nicht zu Ende ist? Für mich war es nach 12 Stunden vorbei, weil es einen Ort gab, an den ich evakuiert werden konnte. Ich bin am Toten Meer. Diejenigen, die von Rache sprechen, sollten sich schämen. Es gibt eine Menge Schmerz. Das ist wahr. Ich selbst verliere nach allem, was ich durchgemacht habe, jedes Mal so viel Energie, wenn ich das Wort Rache höre. Dass Menschen das durchmachen, was ich durchgemacht habe, und niemanden haben, der sie herausholt. Das kann nicht sein. Das kann nicht sein.“ Und dann fährt sie fort: „“Bieten Sie keine Soldaten zu meinem Schutz an. Sprechen Sie mit mir über eine politische Lösung. Seit Jahren bitten wir um eine politische Lösung… Glauben Sie mir, jede Rakete, die abgefeuert wird, und zwischen Gaza und Be’eri liegen nur 4,5 km, lässt den Boden an beiden Orten auf genau die gleiche Weise beben. Auf genau dieselbe Weise. Das ist unmöglich. Unmöglich… Ich fordere einen gerechten Frieden. Ich fordere, dass die Beduinen im Negev die gleiche Unterstützung erhalten wie der Kibbuz Be’eri…“ Am Ende bittet die junge Frau verzweifelt um die Rückkehr der Geiseln, um Frieden, um Fairness und Anstand.
Es ist schmerzhaft, dieses Video einer jungen, durch Gewalt traumatisierten Israelin zu sehen. Gleichzeitig enthält es einen Keim der Hoffnung, weil sie auch das schreckliche Leid der Menschen in Gaza anerkennt. Und sie plädiert für einen gerechten Frieden, der die legitimen Rechte sowohl der Israelis als auch der Palästinenser respektiert.
Die größte, ja vielleicht einzige Quelle der Hoffnung zur Überwindung der Gewalt dort sind die Menschen, die neben ihrem eigenen Leid auch das Leid der anderen sehen und damit zum Ausdruck bringen, dass Leid nie teilbar ist. Dass sie in ihrem Leben je Albert Schweitzer gelesen hat, ist unwahrscheinlich. Aber sie bezeugen in einer für sie abgründigen Situation den Geist radikaler und ungeteilter Humanität, von dem Albert Schweitzer in seinen Reden und Schriften gesprochen hat, einer Humanität, die jedem Menschen gilt, egal auf welcher Seite er steht.
Dass Schweitzer sich so leidenschaftlich gegen die Drohung mit oder gar Anwendung von Atomwaffen ausgesprochen hat, liegt darin begründet, dass er in ihnen das genaue Gegenteil von Humanität, nämlich die radikale Inhumanität gesehen hat: „In der Menschheitsgeschichte von heute – so schreibt er 1961 in Lambarene – „handelt es sich darum, ob die Gesinnung der Humanität oder die Inhumanität zur Herrschaft gelangt. Wenn es die der Inhumanität ist, die nicht darauf verzichten will, unter Umständen von den grausigen Atomwaffen, die heute zur Verfügung stehen, Gebrauch zu machen, ist die Menschheit verloren. Nur wenn die Humanitätsgesinnung, für die solche Waffen nicht in Betracht kommen, die Gesinnung der Inhumanität verdrängt, dürfen wir hoffend in die Zukunft blicken“ (LEL 132).
Glücklicherweise ist uns seit diesen Worten ein atomarer Krieg erspart geblieben. Aber die Mahnung Albert Schweitzers ist in einer Zeit, in der sich als Reaktion auf den illegalen und unmoralischen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine die Rüstungsspirale – inklusive ihrer atomaren Dimension – wieder nach oben zu drehen droht, hochaktuell.
Angesichts der Bedrohungen der Humanität, auf die Schweitzer immer wieder hingewiesen hat, muss nun aber auch von einem wichtigen Teil seines Lebens die Rede sein, die für ihn eine der wesentlichen Quellen der Humanität war: die Musik. Deswegen ist es so schön und der Feier seines Geburtstages so angemessen, dass wir heute in den Genuss wunderbarer Orgelmusik kommen.
Albert Schweitzer war eben nicht nur ein berühmter Humanist, Arzt und Gelehrter, sondern auch ein großer Organist. Dass zwischen diesen unterschiedlichen Bereichen seines Wirkens eine enge Verbindung bestand, ist immer wieder festgestellt worden.
Martin Groß hat auf den Zusammenhang zwischen Schweizers Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben und der Musik Johann Sebastian Bachs hingewiesen: „Die ethische Kraft ganz eins mit der dazugehörenden Ästhetik der Musik von Johann Sebastian Bach hat Albert Schweitzer in den Stand gesetzt, seine Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“ zu formulieren und zu leben und sub spezie aeternitatis für das Leben einzutreten. Die Quelle seiner Leidenschaft für das Leben ist in der Einheit von Ethik und Ästhetik die Musik von Johann Sebastian Bach“[6]. Die Musik Bachs“ – so Groß – „mit ihrer einzigartigen ästhetischen Ausbildung und zugleich mit ihren ethischen Aussagen haben Schweitzer tief berührt. Er zitiert aus der Kantate „Barmherziges Herze der ewigen Liebe“ (BWV 185): „Das ist der Christen Kunst: nur Gott und sich erkennen, von wahrer Liebe brennen, nicht unzulässig richten, noch fremdes Gut vernichten, des Nächsten nicht vergessen, mit reichem Maße messen, das macht bei Gott und Menschen Gunst, das ist der Christen Kunst.“ Und fährt dann fort: „Da erklingt ein ethisches Arsenal christlicher Lehrer gepaart mit einer Ästhetik, der man sich nicht entziehen kann. Alleine der Text steckt voller Ethik. Kommt die Musik mit ihrem treibenden Rhythmus, ihrer scharfen Kontrapunktik und sonderbar wirkungsvoller Harmonik hinzu, kommt der Text erst voller drängender und belehrenden Leidenschaft zum Zug.“[7]
Gottfried Schüz hat in einem Aufsatz über die ethische Dimension der Orgelmusik Bachs in der Sicht Albert Schweizers ein konkretes Beispiel aus seiner eigenen Unterrichtspraxis beschrieben, das diese These stützt. Die Kinder seiner dritten Grundschulklasse seien aus der Pause mit großem Lärm in den Klassensaal gekommen und hätten sich dann auf seine Anweisung hin den Kopf auf die verschränkten Arme gelegt und der Orgelmusik Albert Schweizers zugehört. Im Gespräch danach habe ein Junge von einer handgreiflichen Auseinandersetzung in der Pause berichtet und dann hinzugefügt: irgendwie ist meine Wut jetzt weg.[8]
Wie eng die Ethik mit der Ästhetik zusammenhängt, hat Dietrich Bonhoeffer, ein Zeitgenosse Schweitzers, dem er allerdings nie begegnet ist, einmal drastisch in einem Satz zum Ausdruck gebracht, den uns sein Freund Eberhard Bethge überliefert hat: „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen.“ Dieses Wort des protestantischen Theologen Dietrich Bonhoeffer, ist ein Wort, das sich ins Gedächtnis eingräbt, wenn man es hört.
Das Wort Bonhoeffers konfrontiert die Ästhetik mit der Ethik. Es nimmt in einer spezifischen historischen Situation eine bestimmte Form religiös-musikalischer Ästhetik, den gregorianischen Gesang, in den Blick und zeichnet sie ein in eine Perspektive, in deren Zentrum die aus dem Glauben kommende Ethik steht. Sie verbindet einen bestimmten Inhalt von Musik, nämlich den Glaubensgrund des gregorianischen Gesangs, mit seiner ethischen Bewährung in der Lebenswelt.
Angesichts einer Musik, wie wir sie heute wieder von der Orgel hören, darf man ruhig einmal wagen, mit religiösem Pathos zu sagen, dass sich beim Singen Himmel und Erde berühren. Es ist kein Zufall, dass als zentrale Tätigkeit der Engel in religiösen Texten ebenso wie in der Kunst immer wieder die Musik und insbesondere das Singen beschrieben worden sind. Und nun wird das Singen hier bei Bonhoeffer mit dem Schreien in einem Atemzug genannt. Beides scheint unvermittelt nebeneinander zu stehen.
Aber aus der Perspektive des Glaubens an Jesus Christus berühren sich Himmel und Erde eben nicht in einer ethisch immunisierten Ästhetik, sondern da, wo – wie bei Albert Schweitzer – die Ästhetik sich als Schwester der Ethik versteht. Der, von dem die Christen behaupten, er sei Gottes Sohn, der Mensch schlechthin also, in dem sich Himmel und Erde berühren, endet am Kreuz mit dem Schrei: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46). Das hat Folgen. Ästhetischer Kunstgenuss, der die religiöse Erbauung nicht als Erbauung zur radikalen Mitmenschlichkeit, sondern zur Pflege einer religiösen Innerlichkeit werden lässt, die als Gegenwelt zur harten Realität aufgebaut wird, kann sich dann jedenfalls nicht auf eine an Jesus von Nazareth orientierte Theologie berufen.
Man wird indessen auch vor einer moralisch-gesetzlichen Überforderung des Zitates warnen müssen: „Nur wer für die Juden schreit, darf auch gregorianisch singen.“ Wer diesen eindrucksvollen Satz Bonhoeffers als radikale Unterordnung der Ästhetik unter die Ethik liest, nach der nur derjenige sich dem ästhetischen Genuss hingeben dürfte, der seine moralischen Hausaufgaben gemacht hat, der wird angesichts der Uneinlösbarkeit dieser Bedingung auf jegliche Ästhetik verzichten müssen. Vielleicht muss Bonhoeffers Wort daher, um nicht missverstanden zu werden, heute um die Ästhetik als Kraftquelle für die Ethik ergänzt werden: Nur wer für die Schwachen schreit, darf auch gregorianisch singen. Und: Nur wer gregorianisch singt, kann auch für die Schwachen schreien!
Ich glaube, eine solche Ergänzung wäre ganz im Sinne Albert Schweitzers gewesen.
Insbesondere nach seinem Tod ist Leben und Denken von Albert Schweitzer auch auf Kritik gestoßen. Man hat ihm mangelnde Unterstützung anti-kolonialistischer Befreiungskämpfe, unzureichende medizinische Professionalität, aber auch übermäßige Selbstinszenierung vorgeworfen. Und es wäre auch falsch, ihn heute im Sinne moralischer Heldenverehrung gegenüber solcher Kritik immun machen zu wollen. Von einer Kritik seines Grundansatzes soll aber noch genauer die Rede sein, weil sie von hoher Relevanz für heutige Fragestellungen ist.
Schweitzers Ethik, so der slowenische Philosoph Borut Ošlaj, „ist eine hoch idealisierte Projektion, die vielleicht und hoffentlich – sofern wir die Menschheit mithilfe der Natur nicht vorher ausrotten – eines Tages in die Realität umgesetzt wird; aber nicht gegenwärtig, und in Schweitzers Zeiten noch viel weniger. Die Welt ist leider immer noch viel zu banal und wahrscheinlich auch zu primitiv, um sie über Nacht zu einer Gesellschaft der kleinen Götter verwandeln zu können, die ähnlich denken und handeln würden wie Albert Schweitzer“ Das heißt aber nicht, so fügt er hinzu, „dass wir auf eine Idee der ideologiefreien, die moralische Autonomie fördernden und das Leben und die Welt bejahenden Weltanschauung komplett verzichten sollten. Vielleicht sollten wir dabei nur ein wenig realistischer vorgehen und uns mit einer nüchterneren Taktik der kleineren Schritte begnügen; zumindest vorerst“.[9]
Die Kritik von Ošlaj ist nachvollziehbar. Und sie kann auch im Hinblick auf die Defizite der Ethik Schweitzers erweitert werden. Die Wirksamkeit seiner Ethik wird in hohem Maße auf Inspiration gegründet. Solche Inspiration muss aber auch von der nüchternen Analyse struktureller Ursachen von Not und der Wahrnehmung und Reflexion zuweilen extremer Asymmetrien begleitet werden. Gerade beim Thema Kolonialismus gibt es dazu reichlich Anlass. Nur so können auch ethisch gegründete wirksame Strategien entwickelt werden, die über das zeichenhafte und inspirierende Leben Einzelner hinaus wirklich auf breiter Ebene Not zu lindern vermögen.
Es wäre aber zugleich ein Fehler, die Wirksamkeit von Idealen und die Kraft der damit verbundenen Inspiration zu unterschätzen. Schweitzer selbst hat darüber in seinen Jugenderinnerungen reflektiert, in denen er sich kritisch mit dem „Reife“-Begriff auseinandersetzt:
„Der Ausdruck ‚reif‘ auf den Menschen angewandt, war mir und ist mir noch immer etwas Unheimliches. Ich höre dabei die Worte Verarmung, Verkümmerung, Abstumpfung als Dissonanzen mit erklingen. Was wir gewöhnlich als Reife an einem Menschen zu sehen bekommen, ist eine resignierte Vernünftigkeit. Einer erwirbt sie sich nach dem Vorbilde anderer, indem er Stück um Stück die Gedanken und Überzeugungen preisgibt, ja die ihm in seiner Jugend teuer waren.
Er glaubte an den Sieg der Wahrheit; jetzt nicht mehr. Er glaubte an die Menschen; jetzt nicht mehr. Er glaubte an das Gute; jetzt nicht mehr. Er eiferte für Gerechtigkeit; jetzt nicht mehr. Er vertraute in die Macht der Gütigkeit und der Friedfertigkeit; jetzt nicht mehr. Er konnte sich begeistern; jetzt nicht mehr. Um besser durch die Fährnisse und Stürme des Lebens zu schiffen, hat er sein Boot erleichtert. Er warf Güter aus, die er für entbehrlich hielt. Aber es war der Mundvorrat und der Wasservorrat, dessen er sich entledigte. Nun schifft er leichter dahin, aber als verschmachtender Mensch.“[10]
Im Bild des Wassertropfens beschreibt er die Sprengkraft von Idealen: „Die Macht des Ideals ist unberechenbar. Einem Wassertropfen sieht man keine Macht an. Wenn er aber in den Felsspalt gelangt und dort Eis wird, sprengt er den Fels; als Dampf treibt er den Kolben der mächtigen Maschine. Es ist dann etwas mit ihm vorgegangen, das die Macht, die in ihm ist, wirksam werden ließ. So auch mit dem Ideal“.[11]
Worum es gehen muss, ist, seine Ideale zu bewahren, sie aber mit den je eigenen Lernerfahrungen im Leben weiterzuentwickeln. So „härtet sich das weiche Eisen des Jugendidealismus zum Stahl des unverlierbaren Lebensidealismus“.[12]
Idealismus ohne Analyse der strukturellen Ursachen von Unrecht ist zahnlos. Analyse von strukturellen Ursachen ohne Idealismus ist umgekehrt allerdings herzlos, trostlos und vermutlich mangels am Ziel orientierter Veränderungskraft letztlich auch wirkungslos. Man muss also mit Schweitzer über Schweitzer hinausdenken.
Woher kommt Hoffnung? Diese Frage hat Albert Schweitzer beschäftigt und sie beschäftigt uns heute mehr denn je. Eine Antwort, die jenseits der religiösen Quellen, die Schweitzer selbst geprägt haben, gilt, steht für alle vor Augen. Es sind die Segensspuren, die aus dem Wirken Schweitzers hervorgegangen sind und uns heute vor Augen stehen. Um nur zwei Beispiele zu nennen: In den Albert-Schweitzer-Kinderdörfern werden Kinder begleitet, die durch diese Begleitung eine bessere Zukunft haben sollen. In den Aktivitäten des Albert-Schweitzer-Zentrums in Offenbach zur Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer geht es im ganz unmittelbaren Sinne um das Eintreten für Humanität -etwa durch Dokumentationsausstellung „Grenzenlose Menschlichkeit. Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt“, die bereits in verschiedenen Städten, auch über Deutschland hinaus gezeigt worden ist.
Für Schweitzer ist Hoffnung indessen nichts, was allein an der Empirie festgemacht werden kann. Jedenfalls für diejenigen, die bis heute wagen, von Gott zu reden. Die Worte seines Zeitgenossen Dietrich Bonhoeffer, spiegeln deswegen auch den Geist Albert Schweitzers wieder.[13] Wer – sagt Bonhoeffer – „wollte … von Gott reden, ohne zu hoffen… Wer wollte von Frieden und von der Liebe unter den Menschen reden, ohne sie einmal in Ewigkeit erleben zu wollen? Wer wollte von einer neuen Welt und einer neuen Menschheit reden, ohne zu hoffen, daß er an ihr teilhaben werde?“
Der vielleicht wichtigste Satz Bonhoeffers, mit dem ich enden will, ein Satz im Geiste Albert Schweitzers, spricht mitten in unsere von so viel Hoffnungsverzagtheit geprägte Situation heute hinein: „Es ist keine Schande zu hoffen, grenzenlos zu hoffen.“[14]
Dr. Bedford-Strohm
[1] Hans Walter Bähr, Einleitung, in: Albert Schweitzer, Die Lehre von der Ehrfurcht vor dem Leben. Grundtexte aus fünf Jahrzehnten, im Auftrag des Verfassers herausgegeben von H.W. Bähr, 2. Auflage, München 1966, 7-12 (8).
[2] LEL 32.
[3] G. Liedke, Im Bauch des Fisches. Ökologische Theologie, Stuttgart 1979.
[4] W. Huber, Konflikt und Konsens, 231 und 235.
[5] Bähr, a.a.O. 9f.
[6] Martin Groß, „Ethik und Ästhetik sind eins. “Albert Schweitzer Ethik, geboren aus der Musik von Johann Sebastian Bach?, in.: Ethisch werden durch Musik? Die Einheit von Ethik und Musik in der Sicht Albert Schweitzers. Albert-Schweitzer-Reflexionen Band 5, hg. v. Dr. Gottfried Schüz, Stiftung Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum, Frankfurt am Main 2022, 40-52 (52).
[7] A.a.o. 49.
[8] Gottfried Schütz, Die ethische Dimension der Orgelmusik Bachs in der Sicht Albert Schweizers, in: Ethisch werden durch Musik? Die Einheit von Ethik und Musik in der Sicht Albert Schweitzers. Albert-Schweitzer-Reflexionen Band 5, herausgeg. v. Dr. Gottfried Schüz, Stiftung Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum, Frankfurt am Main 2022, 12-39 (26f).
[9] Borut Ošlaj, Das Problem der ethischen Weltanschauung bei Albert Schweitzer, in: SYNTHESIS PHILOSOPHICA 53 (1/2012), 51–67 (63).
[10] LEL 77.
[11] LEL 78.
[12] LEL 79.
[13] Zu den bemerkenswerten Konvergenzen zwischen Bonhoeffer und Schweitzer siehe Clemens Frey, Christliche Weltverantwortung bei Albert Schweitzer mit Vergleichen zu Dietrich Bonhoeffer,
Bern – Stuttgart – Wien 1993
[14] D. Bonhoeffer, London 1933-1935, DBW Band 13, 401f.
Download PDFAm 14. Januar vor 150 Jahren wurde der Friedensnobelpreisträger und große Humanist Dr. Albert Schweitzer im elsässischen Kaysersberg geboren. In einer Zeit der Krisen trägt dieses Jubiläumsjahr eine friedensbringende Botschaft in sich, die geprägt ist von Schweitzers Ethik der Ehrfurcht vor allem Leben mit Schweitzers erklärendem Satz: „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“. Dieses Jubiläum bietet eine besondere Gelegenheit, das Lebenswerk Albert Schweitzers und dessen Bedeutsamkeit für uns heute wieder stärker ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Im Zentrum von Schweitzers geistigem Erbe steht seine Ethik der Ehrfurcht vor allem Leben. Sie ist durchdrungen von grenzenloser Menschlichkeit im Denken und Handeln. Diese Ethik weiß sich einer ins universelle erweiterten Verantwortung gegenüber allem Leben verpflichtet. Angesichts der fortschreitenden Bedrohungen unserer Lebensgrundlagen und der Eskalation von Kriegen und exzessiver Gewalt ist Schweitzers Ethik aktueller denn je und für uns zukunftsweisend.
Mit einem umfangreichen Jahresprogramm mit Konzerten, Lesungen, Vorträgen, Studientagen, Aktionen und Schuprojekten ist das DEUTSCHE ALBERT-SCHWEITZER-ZENTRUM Frankfurt/M. bundesweit präsent, um das geistige Erbe von Albert Schweitzer Menschen jeden Alters nahe zu bringen. Dies geschieht insbesondere in Kooperation mit dem „Albert-Schweitzer-Komitee-Weimar“, dem „Maison Albert Schweitzer Gunsbach“ und dem „Bundesverband Albert Schweitzer Kinderdörfer und Familienwerke“. Eine enge Zusammenarbeit gibt es auch mit der Evangelischen Landeskirche in Baden bei den Aufführungen des Albert-Schweitzer-Oratoriums „INMITTEN VON LEBEN“. Dieses großformatige Chor-und Orchesterwerk auf den Spuren Albert Schweitzers von Traugott Fünfgeld (Musik) und Thomas Weiß (Text) wurde eigens für das Albert Schweitzer Jahr geschaffen.
Eröffnet wird das bundesweite Albert Schweitzer-Jahr in der Berliner Kaiser-Wilhelm-GedächtnisKirche mit Orgelkonzert (Orgel: Sebastian Heindl) und Festvortrag (Bischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm). Weitere Veranstaltungen und Aktionen werden u.a. in Frankfurt/M., Offenbach/M., Weimar, Erfurt, Mannheim, München, Köln, Augsburg und Ravensburg und grenzüberschreitend auch in Strasbourg geboten. Erwartet wird auch die Auslobung des renommierten Albert-Schweitzer-Preises beim Internationalen Albert-Schweitzer-Orgelwettbewerb in Saarbrücken im Rahmen der Musikfestspiele Saar vom 08. bis 12. Oktober 2025.
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