Von Roland Wolf
Im April 2012 fand in Lambarene die erste der beiden halbjährlichen Ratssitzungen der Internationalen Stiftung für das Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene (Fondation Internationale de l’Hôpital du Docteur Albert Schweitzer à Lambarene – FISL) statt. Zuvor wurde in einem Treffen des Vorsitzenden und einiger Stiftungsratsmitglieder mit dem neuen Gesundheitsminister Gabuns, Prof. Léon Nzouba, die Zukunft des Spitals und die Errichtung des vom Staat gewünschten Universitätsklinikums in Lambarene erörtert.
Bei der Stiftungsratssitzung war erstmals auch der neue stellvertretende Spitaldirektor, Antoine Nziengui, anwesend, der das Krankenhaus bis zur Ernennung eines neuen Direktors leitet.
Im Mittelpunkt der Beratungen standen vier Punkte: die Finanzen, das geplante „Internationale Albert-Schweitzer-Universitätsklinikum“, die medizinischen Aktivitäten und die geplante Renovierung des derzeitigen Spitals.
Finanzen
Die Bilanz für das Jahr 2011 bedarf zwar noch einer endgültigen Bestätigung, jedoch weist das Ergebnis ein Defizit von ca. 140 TEUR aus. Dies ist umso überraschender, als der Staat Gabun dem Spital Anfang Dezember 2011 rund 750 TEUR zur Verfügung gestellt hatte, um die finanzielle Situation zu stabilisieren. Dieses Geld wurde auf das allgemeine Spitalkonto überwiesen und so nicht wie vorgesehen zur Rückzahlung der Darlehen aus der Schweiz, Frankreich und den USA sowie der Begleichung von Altschulden verwendet, sondern zur Bezahlung der Löhne für die Monate Dezember bis März.
Der Haushalt des laufenden Jahres weist ebenfalls eine fehlende Deckung auf, was angesichts konstanter Überweisungen der Hilfsvereine und einer gleich bleibenden Subvention durch den Staat Gabun die Einnahmensituation des Spitals belastet. Ein Audit vom Oktober 2011 kam zum Ergebnis, dass das Krankenhaus unter den gegebenen Umständen nicht rentabel arbeitet und wohl kaum Gewinne erzielen kann.
Kurzfristig kann eine Lösung der Finanzprobleme eintreten, wenn der Staat Gabun eine Entschädigung für ein illegal bebautes Grundstück auf dem Spitalgelände in Höhe von 1,5 Mio. Euro bezahlt. Natürlich wird der Staat Gabun auch alles tun, dass sich das Krankenhaus 2013 im Jahr seines hundertjährigen Bestehens der Öffentlichkeit in einem guten Zustand präsentiert. Dies kann aber nicht verhindern, dass harte und zweifellos auch unpopuläre Maßnahmen sowohl bei den Einnahmen wie auch bei den Ausgaben notwendig sind, um das strukturelle Einnahmedefizit auszugleichen und die Zukunft des Spitals zu sichern.
Universitätsklinikum
Das vom Staat geplante Internationale Universitätsklinikum (CHUI) gab Anlass zu lebhaften Diskussionen. Ziel dieser neuen Einrichtung soll nach den Worten von Gesundheitsminister Léon Nzouba sein, das Werk Schweitzers fortzusetzen, jedoch den Schwerpunkt in Forschung und Lehre auf die tropischen Infektionskrankheiten zu legen. Das Verwaltungsgebäude soll demnach auf dem Gelände des Albert-Schweitzer-Spitals errichtet werden, etwas abseits der Gebäude des aktuellen Krankenhauses; die bestehende Forschungseinheit solle verstärkt werden. Ein weiteres Gebäude ist auf der anderen Seite des Flusses auf dem Gelände des staatlichen Regionalkrankenhauses vorgesehen.
Zwar konnten der Minister und der bereits ernannte und ebenfalls anwesende Direktor des CHUI nicht alle Bedenken zerstreuen, zumal bis heute sowohl ein juristischer Rahmen als auch eine Ausgestaltung der Lehrpläne für die künftigen Medizinstudenten fehlen. Allerdings bestand weitgehende Einigkeit unter den Stiftungsratsmitgliedern darüber, dass die Bedrohung durch diese vom Staat geplante Einrichtung wohl geringer ist als die Bedrohung des derzeitigen Krankenhauses durch die finanziellen Probleme und die Schwierigkeit, den Geist Albert Schweitzers in der täglichen Praxis und für die Zukunft am Leben zu erhalten.
Medizinische Aktivitäten
Der Bericht des Chefarztes zeigte, dass 2011 im Vergleich zum Vorjahr die Zahl der Behandlungen zwischen 65 und 75 Prozent abgenommen hat. Allerdings liegt hier ein Problem in der statistischen Erfassung vor, das genauer untersucht werden soll. Exakte Angaben für die ersten drei Monate des laufenden Jahres sollen in Kürze veröffentlicht werden. Sie werden dann Gegenstand eines gesonderten Berichtes sein. Die Spitalleitung beabsichtigt, eine aktuelle Bedarfsliste mit benötigten medizinischen Geräten und Verbrauchsmaterial auf der Internetseite der Stiftung zu veröffentlichen. Über ein Audit des medizinischen Bereichs wird nachgedacht.
Technischer Dienst
Das derzeitige Krankenhaus ist in den Jahren 1979–1981 erbaut worden und bedarf einer umfassenden Renovierung. Die Gesamtkosten belaufen sich auf geschätzte vier Mio. Euro und sind unter den gegenwärtigen finanziellen Umständen von der Spitalstiftung nicht aufzubringen. Erfreulicherweise hat sich jedoch der Schweizer Hilfsverein bereit erklärt, als ersten Schritt die Erneuerung der Entbindungsstation zu finanzieren.
Vor Beginn der Arbeiten wurde im Januar durch einen deutschen Ingenieur ein Audit durchgeführt. Das Ergebnis war so niederschmetternd, dass der Schweizer Hilfsverein beschloss, Herrn Dr. Rentz als technischen Direktor zu engagieren und den technischen Dienst für über 200.000 Franken von Grund auf neu auszustatten, angefangen vom einfachen Schraubendreher über Blitzschutzeinrichtungen für alle Gebäude bis hin zu einem neuen Notstromaggregat.
Vor allem der gesamte Stromkreis des Spitals muss dringend erneuert und konsolidiert werden. Zu viele Geräte sind in der Vergangenheit angeschafft worden, ohne über die Konsequenzen für die Stromversorgung nachzudenken.
Weitere Themen der Tagesordnung waren eine größere Selbstständigkeit der historischen Zone mit Museum und Gästehäusern, die geplante Jubiläumsfeier im April 2013 und die finanzielle Integration des Forschungslabors sowie die Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtung und dem Spital.
Die nächsten Sitzungen des Internationalen Stiftungsrats werden vom 12. bis 14. Oktober 2012 und vom 19. bis 21. April 2013 in Lambarene stattfinden.