Von Dr. Einhard Weber
Am 23. April 1957 wurde von Radio Oslo Albert Schweitzers „Appell an die Menschheit“ über mehr als 100 Sender in alle Welt ausgestrahlt. Darin informierte er als Arzt die Menschen über die Gefahren der radioaktiven Strahlung.
1963 einigten sich die damaligen Atommächte darauf, Atomversuche in Luft und Wasser einzustellen. Die atomaren Waffen wurden jedoch weiter verbreitet und heute verfügen neun, zum Teil politisch unsichere und gewaltbereite Staaten über Atomwaffen, deren Potential alles Leben auf der Erde dreißig Mal (!!!) vernichten kann; einmal wäre bereits zu viel!
Zu jener Zeit wurden die ersten Atomkraftwerke gebaut. Die „friedliche Nutzung“ der Atomkraft galt als unbedenklich. Harrisburg und selbst die Katastrophe von Tschernobyl brachten kein weltweites Umdenken. Jetzt ist das nächste Hightech-Land Japan betroffen und schon die bisherigen Folgen sind Ausdruck einer tragischen Katastrophe. Das hat in Deutschland endlich die überfällige Diskussion ausgelöst.
1957 sagte Schweitzer: „Dass in der Natur von uns geschaffene radioaktive Elemente vorhanden sind, ist ein unfassliches Ereignis in der Geschichte der Erde und der Menschheit. Es zu unterlassen, sich mit der Bedeutung und seinen Folgen abzugeben, ist eine Torheit, welche die Menschheit furchtbar teuer zu stehen kommen kann. In Gedankenlosigkeit wandeln wir in ihr dahin. Es darf nicht sein, dass wir uns nicht noch beizeiten aufraffen und die Einsicht, den Ernst und den Mut aufbringen, ihr zu entsagen, um uns mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen.“
Fukushima hat uns erneut verdeutlicht, dass in jedem Atomkraftwerk eine tödliche Gefahr lauert, die von technikgläubigen Zeitgenossen weiterhin dreist „Restrisiko“ genannt wird.
Es geht um die sichere Zukunft allen Lebens auf unserem Planeten. Bezeichnend ist, dass in der jetzigen Debatte um den Ausstieg aus der Atomenergie Begriffe wie Energieeinsparung, Konsumverzicht oder gar Opfer einfach nicht vorkommen. Unendliches Wirtschaftswachstum in einem endlichen Raum ist nur eine sehr begrenzte Zeit möglich. Das sollte jedem einleuchten. Wenn alle Menschen so leben wollten wie wir, und sie wollen es, dann brauchen wir drei Erden.
Schweitzer zweifelte daran, dass man mit Organisationen und Maßnahmen etwas Entscheidendes zum Besseren ändern wird, wenn dem nicht eine radikale Änderung der Gesinnung vorausgeht. Um einer neuen Ethik der Verantwortung und Mitmenschlichkeit Geltung zu verschaffen, sind Vorbilder und eine intensive ethische Erziehung aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten notwendig.
Jeder muss bei sich selbst anfangen und mit Gesinnungsgenossen in die Öffentlichkeit hineinwirken. Bedeutet doch nach Albert Schweitzer eine Änderung der öffentlichen Meinung „die Morgendämmerung des Aufgehens der Sonne der Hoffnung, auf die unsere arme Menschheit ausschaut“. Die Entwicklung in unserer Zivilgesellschaft gibt Anlass zur Hoffnung.