Einhundert Jahre Lambarene – einhundert Jahre gelebte Menschlichkeit

Von Einhard Weber

In wenigen Tagen beginnt das Jubiläumsjahr für das einhundertjährige Bestehen des „Albert-Schweitzer-Spitals“ in Lambarene, und auch den 50. Jahrestag der Gründung des „Deutschen Hilfsvereins für das Albert-Schweitzer-Spital in Lambarene e. V.“ (DHV) am 12. Januar 1963 wollen wir feiern. Albert Schweitzer hat nicht damit gerechnet, dass sein Spital fast fünfzig Jahre nach seinem Tod 1965, wenn auch äußerlich durch den notwendigen Neubau Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts stark verändert, noch bestehen würde. Er war der Meinung, dass alles von Menschen Geschaffene vergänglich ist, das Geistige aber Bestand haben kann, wenn es weiter entwickelt wird. Dabei dachte er vor allem an seine Philosophie der Ethik der „Ehrfurcht vor allem Leben“.

Noch in seinen letzten Lebensjahren unterstützte er persönlich die Gründung des DHV, der als Vereinszweck zuerst die Verbreitung von Albert Schweitzers geistigem Werk nennt und dann die materielle und geistige Unterstützung seines Krankenhauses in Lambarene.

Dass dieses Krankenhaus nicht nur weiter existiert, sondern neu gebaut und ständig modernisiert wurde, haben wir Ihnen, liebe Spender, zu danken. Wir können dadurch die laufende Versorgung mit Medikamenten aus Europa übernehmen und damit – auch noch zu günstigen Preisen – Qualität und Kontinuität sicherstellen. Außerdem wurde durch Sie möglich, dass zusätzlich in den letzten Jahren einige dringende Projekte finanziert werden konnten. Ein gutes Beispiel ist die erst kürzlich erfolgte Anschaffung eines modernen Bootes.

Das Albert-Schweitzer-Spital in Gabun ist nicht nur ein wichtiges Symbol für die von Schweitzer angestoßene „grenzenlose Menschlichkeit“, sondern bleibt auch etwas Besonderes in Afrika, denn dort wird niemand abgewiesen, auch dann nicht, wenn er die Behandlung nicht bezahlen kann. Wie vielerorts in Afrika die tägliche Praxis aussieht, habe ich persönlich erlebt, als ich in einem Slum von Nairobi in Kenia als Arzt gearbeitet habe. Ein optimal diagnostizierter Patient wurde von mir wegen eines Nierenkrebses in die Universitätsklinik eingewiesen. Am nächsten Tag stand der Mann wieder vor mir und berichtete, dass zwar die gute Diagnose gelobt wurde, auch dass eine Operation dringend notwendig sei, aber ohne eine Summe von umgerechnet 80 Euro nicht durchgeführt würde.

Das Albert-Schweitzer-Spital ist für die Menschen in Gabun unverzichtbar, und wir haben es uns zur Pflicht gemacht, die Verantwortung für das Werk des beispielhaften Humanisten Albert Schweitzer zu übernehmen. Aber diese Aufgabe stellt uns immer wieder vor neue Probleme. Nach dreißig Jahren Urwaldexistenz muss das Krankenhaus dringend vollständig renoviert, zum Teil neu gebaut werden, was einige Millionen Euro kostet.

Wir erhoffen uns von dem Jubiläumsjahr mit über 150 Benefiz-Orgel-Konzerten in ganz Deutschland und darüber hinaus und den Spenden unserer treuen Unterstützer, dass wir in die Lage versetzt werden, neben unseren ständigen Verpflichtungen ein neues Gebäude wie z. B. den Kindergarten für die Spitalmitarbeiter zu finanzieren und damit dem Schweizer Hilfsverein zu folgen, der die Kosten für den Neubau der Frauenklinik übernommen hat.

Und wie Albert Schweitzer Optimist im Handeln war, hoffe ich, dass einer oder mehrere der wohlhabenden Leute, an denen es in unserem Land ja nicht mangelt, uns eine größere Spende überweist oder gar die Finanzierung einer der notwendigen Baumaßnahmen übernimmt. Damit würde er im wohl bekanntesten Krankenhaus Afrikas des ersten von reiner Humanität geleiteten „Entwicklungshelfers“ ein wichtiges Zeichen setzen für den Fortbestand des Krankenhauses über die ersten hundert Jahre hinaus.