Ein Update über medizinische Aktivitäten im Albert-Schweitzer-Spital 2010

Von Roland Wolf

Wie das vorausgegangene Jahr war auch das Jahr 2010 vor allem durch den anhaltenden Streik im staatlichen Gesundheitswesen gekennzeichnet. Mehrere Ärzte verließen das Krankenhaus und konnten nicht sofort ersetzt werden. Hohe Aktivitäten und Unterbesetzung führten erneut zu einer bis an die Grenze gehenden Belastung des Personals.

Nach dem gewaltigen Anstieg von 2008 auf 2009 um über 25% stieg die Zahl der ambulanten Untersuchungen erneut um 13%. Die größten Zuwächse verzeichneten die Innere Medizin, die Entbindungsstation und die Kinderklinik. Die Zunahme der Patienten in der Zahnklinik (+ 27,9%) liegt in erster Linie daran, dass nach mehrjähriger Vakanz im Jahr 2010 die Stelle des Zahnarztes wieder besetzt werden konnte. Die auffällige Abnahme der Patientenzahl in der Augenabteilung hat seine Ursache darin, dass im Jahr 2010 im Gegensatz zum Vorjahr keine Aktionstage „Georges Rawiri“ stattfanden, in denen Augenärzte aus Libreville nach Lambarene kommen und eine große Anzahl von Untersuchun­gen und Behandlungen durchführen. Das Albert-Schweitzer-Spital verfügt selbst über keinen Augenarzt.

An erster Stelle der Erkrankungen stehen sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Kindern die parasitären und Infektionskrankheiten. Bei den Erwachsenen folgen die Krankheiten der Verdauungsorgane und die Unfälle, bei den Kindern die Erkrankungen der Atemwege und die Malaria.

Mit Ausnahme der Entbindungsstation, die einen leichten Rückgang aufweist, nahm die Zahl der stationären Aufnahmen ebenfalls zu und liegt 6,9% über der des Vorjahres. Die Gründe für die stationäre Behandlung sind bei den Kindern die parasitären und Infektionskrankheiten, die Malaria und die Atemwegserkrankungen, bei den Erwachsenen die Erkrankungen der Verdauungsorgane und die Unfälle.

Die Zahl der Geburten hat ebenfalls zugenommen: sie stieg bereits 2009 auf 1314 an und nahm 2010 mit 1332 Kindern erneut zu.

Die Zahl der Todesfälle lag bei 220, was einen Anteil von 2,4 % an den stationär aufgenommenen Patienten bedeutet, wobei die meisten Todesfälle auf die Innere Medizin mit den Aids- und Tuberkulose-Kranken und die Pädiatrie entfielen. An Aussagekraft gewinnt die Analyse, wenn man nach dem Zeitpunkt des Todes differenziert: rund ein Viertel tritt in den ersten 24 Stunden nach der Aufnahme ein. Viele Patienten werden zu spät und oft in hoffnungslosem Zustand ins Krankenhaus gebracht.

Bedenklich ist die hohe Zahl der Todesfälle in der Kinderklinik, zu der noch 53 Totgeburten hinzukommen. Es wäre wünschenswert, dass der Staat die Buschambulanzen, die er dem Spital 2008 weggenommen hat, so betreibt, wie dieses es zuvor getan hatte. Nur so können lebensbedrohliche Krankheiten und Risikoschwangerschaften frühzeitig entdeckt und die Patienten rechtzeitig ins Krankenhaus überwiesen werden.

Diese hohe Aktivität trotz Personalmangels vor allem im ärztlichen Bereich entfaltet werden. Mit nur sechs Ärzten (zwei Internisten, zwei Chirurgen, einem Kinderarzt und einem Zahnarzt) ist das Spital seit Jahren unterbesetzt, denn es fehlen ein zweiter Kinderarzt und ein Allgemeinmediziner und / oder ein Notfallarzt für die Poliklinik und die eigenständig gewordene Notaufnahmeabteilung.

Gründe für die Nichtbesetzung von Stellen sind zum einen die finanzielle Situation des Spitals, zum anderen die Schwierigkeit, Ärzte für den Dienst im „Busch“ zu rekrutieren, weit weg von den Annehmlichkeiten und den Einnahmequellen der Hauptstadt. Bewerbungen aus Europa werden immer seltener, vor allem für junge Ärzte ist eine längere Tätigkeit im Schweitzer-Spital finanziell wenig attraktiv. Bei der Rekrutierung älterer Ärzte hat der Staat Gabun mit Festlegung des Höchstalters auf 60 Jahre einen Riegel vorgeschoben.