Von Michael Kniess
Das Magazin „Werte stiften“ führte für seine neueste Ausgabe ein Gespräch mit Gottfried Schüz, dem Vorsitzenden der Stiftung Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum. „Werte stiften“ berichtet nach den Worten seines Chefredakteurs Dr. Wolf-R. Scharff, spannend und emotional, sachlich und präzise über die deutsche Stiftungslandschaft. Wir veröffentlichen den Artikel nachfolgend:
Albert Schweitzer war zeitlebens zwischen den Kontinenten unterwegs. Grenzen zu überschreiten, charakterisierte nicht nur sein außergewöhnlicher Schritt, eine Doppelkarriere als Professor und Musiker aufzugeben, um Medizin zu studieren und in Äquatorialafrika ein Spital aufzubauen. Grenzen zu überschreiten entsprach auch dem Wesenskern seines Denkens.
In der Theologie hat er mit seiner Deutung des geschichtlichen Jesu als ethische Persönlichkeit ebenso neue Wege beschritten wie in der Bachinterpretation oder ganz grundsätzlich in seinem philosophischen Denken. Letzteres begründete eine universell gültige Ehrfurchtsethik, die jedem von uns eine grenzenlose Verantwortung für alles was lebt, vor Augen führt.
Mit der Dauerausstellung „Grenzenlose Menschlichkeit im Denken und Handeln“ zeichnet das Deutsche Albert-Schweitzer-Zentrum in Frankfurt jenen Lebensweg Schweitzers nach. Die im Herbst 2009 aufgebaute Ausstellung führt repräsentativ einen Querschnitt dessen vor Augen, was Albert Schweitzers Leben und Werk in ihrer Vielfalt, in ihrem Facettenreichtum und in seiner Universalität bedeuten. Der Wesenszug seines grenzüberschreitenden Unterwegsseins findet sich symbolisch verdichtet in seinem Reisekoffer, der als originales Objekt im Zentrum der Ausstellung steht. So wird auch der Besucher eingeladen, sich auf den Weg zu machen, um an einer biographischen Eingangsstation und acht Begegnungs- und Erfahrungsstationen Leben und Werk des Musikers, Theologen, Kulturphilosophen, Ethikers, Friedensmahners, Spitalgründers und Arztes zu erkunden.
„Wir wollen als Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum sowohl Leben als auch Werk Schweitzers dokumentieren, um auch der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu bieten, sich über ihn zu informieren und Einblick in sein geistiges Erbe zu bekommen“, sagt Dr. Gottfried Schüz, der die Ausstellung als Vorsitzender der Stiftung Deutsches Albert-Schweitzer-Zentrum (über die Stiftungsarbeit berichtete Werte stiften in Ausgabe 09/2011), konzipiert und in seinen tragenden Teilen auch installiert hat.
Zukunftsweisende Perspektiven für die junge Generation
Für den Leiter des Staatlichen Studienseminars für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen in Mainz ist sein Engagement für Albert Schweitzers Werk eine Selbstverständlichkeit. „Da unsere Stiftung die zentrale Aufgabe hat, das Werk Schweitzers zu verbreiten, in den Bildungseinrichtungen zu verankern und vor allem auch die junge Generation für Schweitzer zu begeistern und ihr mit seiner Ethik zukunftsweisende Perspektiven zu vermitteln, war klar, dass ich mich in der Ausstellung engagiere“, sagt Schüz. In dieser sieht er die Möglichkeit, gerade jungen Menschen, denen Schweitzer immer weniger ein Begriff ist, diesen wieder näher zu bringen. Für den inzwischen 62-jährigen, in der Lehrerausbildung tätigen Schüz war es eine besondere Herausforderung, auf knapp 90 Quadratmetern eine repräsentative Dauerausstellung zu installieren. Dass er seine umfangreichen pädagogischen Erfahrungen zu nutzen wusste, wird augenscheinlich, wenn man sich die didaktischen Elemente der Ausstellung betrachtet. Neben anschaulicher musealer Präsentation und Information werden dem Besucher an den einzelnen thematischen Stationen persönliche Begegnungsmöglichkeiten eröffnet: Bild, Wort, Ton und Interaktion regen zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit Schweitzers Lebenswerk an.
Hierzu dienen unter anderem Hörstationen mit Originalaufzeichnungen von Orgelkonzerten und Vorträgen Schweitzers ebenso wie Auszüge aus seinem Leben und Denken in Film und Ton. An Interaktionstafeln mit Magnetelementen erhält der Besucher Gelegenheit, sich mit grundlegenden Denkansätzen seiner Ethik und deren Aktualität auseinanderzusetzen.
„Eine Aktualität, die gerade für junge Leute hoch interessant ist“, betont Schüz. Konflikte, die Schweitzer hatte, kehrten auch in diesen Tagen wieder. „Es ging Schweitzer darum, seinem eigenen Gewissen zu folgen und sich nicht dem, was von außen an Erwartungen an ihn herangetragen wurde, anheim zu geben.“
Man müsse Schweitzer als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Gegenwart ins Zentrum rücken, dessen geistiges Werk wesentliche Schlüssel für die Lösung unserer Zukunftsfragen enthalte, so Schüz. Die universelle Ethik, die Schweitzer begründet habe und die Ehrfurcht gegenüber allem Leben fordert, sei als der alternativlose Weg zur Lösung unserer Weltprobleme anzusehen. „Die Ehrfurchtsethik eröffnet angesichts der gesellschaftlichen, ökologischen und politisch-weltanschaulichen Spannungen und Gegensätze Wege zur Humanisierung aller Lebensbereiche in eigener freier Verantwortung.“
„Schweitzers geistiges Werk ist der Schlüssel für viele Zukunftsfragen“
Zahlreiche Vitrinen zeigen erstmals Originalbriefe sowie Bild- und Textdokumente, die Stationen in Schweitzers Denken und Wirken veranschaulichen. Brettspiele, Kreuzworträtsel und ein PC-Quiz nach dem Muster von „Wer wird Millionär“ regen schließlich dazu an, das Erfahrene zu überprüfen und zu vertiefen.
Begleitend zur Ausstellung wurde im Dezember ein Ausstellungskatalog aufgelegt, der neben den Haupttexten der Ausstellung auch Faksimiles der verschiedenen Werke Schweitzers enthält und so als Kompendium eine ebenso bündige wie anschauliche Einführung in Leben und Werk des Friedensmahners geben kann.
Quelle: „Werte stiften – Magazin für Stifter, Stiftungen und engagierte Menschen“, Ausgabe März 2012. Das Heft ist beim Verlag erhältlich: www.werte-stiften.de