Tropisches Klima in Lambarene und seine Folgen

Warum eine Renovierung des Albert-Schweitzer-Spitals dringend notwendig ist

Von Roland Wolf

Die Klimastatistik von Lambarene verzeichnet eine Regenzeit von September bis Mai mit durchschnittlich 120 Regentagen und einer Gesamtregenmenge von rund 2000 mm in diesen neun Monaten. Die regenreichsten Monate sind November und April, in denen jeweils etwa 400 mm Regen fallen, in manchen Jahren werden 600-700 mm erreicht, was der Jahresniederschlagsmenge von Frankfurt oder Hamburg entspricht.

So ist es kein Wunder, dass die gabunischen Medien in dieser Zeit immer von Überschwemmungen in den großen Städten des Landes berichten, wo tief oder in Senken gelegene Stadtteile meterhoch unter Wasser stehen. So auch in den letzten Monaten.

Im historischen Albert-Schweitzer-Spital braucht man Überschwemmungen nicht zu fürchten, denn der Spitalgründer hatte sein Krankenhaus mit Bedacht am Hang und zum Teil auf Pfählen errichtet: „Wohl wird das Spital auf dem ansteigenden Hügel einige Meter über dem Wasser stehen. Es muss aber auch mit ausnahmsweise hohem Hochwasser gerechnet werden. Dieses würde meine Gebäude mitnehmen, wenn sie zu ebener Erde stünden. Sind es aber Pfahlbauten, so fließt es zwischen den Pfählen ab. Also Pfahlbauten des Flusses wegen. Aber Pfahlbauten auch des Hügels wegen. Das Spital kommt auf den Abhang des Hügels zu stehen. Gehen in der Nacht zwei oder drei Tornados nieder, so strömen mächtige Bäche von der Höhe herunter. Stehen meine Bauten zu ebener Erde, so können sie ihnen gefährlich werden. Sind es aber Pfahlbauten, so fließt das Wasser zwischen den Pfählen ab.“

Das neue Krankenhaus wurde oberhalb des alten auf einem Hügel gebaut und ist deshalb nicht überschwemmungsgefährdet. Eine Ausnahme bildet der in einer Mulde gelegene Kindergarten, der aus diesem Grund mittelfristig verlegt werden soll.

Was Schweitzer als „Tornado“ bezeichnet, ist ein Gewittersturm, der große Regenmengen fallen lässt und mit starken Winden verbunden ist, die ebenfalls große Schäden anrichten können. So geschah es Mitte Dezember, als ein mächtiger Baum im historischen Spital entwurzelt wurde und auf die 1930 erbaute Wasserzisterne fiel. Und vor einiger Zeit hatte ein anderer Baum die Küchenhütte des Chirurgie-Pavillons getroffen und das Wellblechdach eingedrückt.

Eine noch größere Gefahr geht von den häufigen Blitzeinschlägen aus. Auch dafür gab es in den letzten Wochen leider einige Beispiele. Mitte November hatte es im Gebäude des Chirurgie-Pavillons I gebrannt, in dem während des Neubaus die Entbindungsstation untergebracht ist. Da die Hauptsicherung nicht angesprochen hatte und die Schaltschrankanlage in Brand geraten war, mussten erst alle Kabelverbindungen getrennt werden, bevor der Brand gelöscht werden konnte. Alle Mütter und Kinder waren zuvor ins Freie gebracht worden, sodass glücklicherweise keine Personenschäden zu beklagen waren. Die Rauchentwicklung hatte jedoch das Gebäude vorübergehend unbenutzbar gemacht, und die Flammen hatten auf die Decke übergegriffen und die darüber liegenden Leitungen beschädigt.

Kurz darauf geriet in einem Wohnhaus, das nicht geerdet war, ebenfalls während eines Gewitters eine Klimaanlage in Brand, wodurch ein Vorhang Feuer fing, und im selben Haus brannte nach einem Blitzeinschlag die Deckenleuchte und beschädigte die Deckenverkleidung. Auch hier gab es glücklicherweise keine weiteren Schäden.

Nach diesen Vorfällen wurde die Elektrik in allen Gebäuden des Krankenhauses überprüft. Das Ergebnis war niederschmetternd: Der mit der Renovierung betraute Ingenieur Dr. Rentz bezeichnete die komplette Elektrik des Krankenhauses als „lebensgefährliche Bastelei“. In einer Sofortmaßnahme wurden daraufhin bis Januar in allen Gebäuden die Elektrik „entknotet“ und ordentliche Absicherungen eingebaut.

Nun war auch für den letzten Spitalangehörigen klar, dass im Spital ein kompetenter Elektriker fehlte und die selbst ernannten Elektriker in den letzten Jahren ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden, was in Gabun, wo ausgebildete Handwerker Mangelware sind, nicht einfach ist. Unwillkürlich denkt man an Schweitzers Worte nach seinem ersten Aufenthalt in Lambarene, dass im Urwald nicht das intellektuelle Wissen, sondern das Handwerk – und die Landwirtschaft – der Weg zur Kultur ist. Beide Sektoren hat Gabun jahrzehntelang vernachlässigt und hat jetzt Mühe, die Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren.

Glück im Unglück für das Albert-Schweitzer-Spital ist, dass im Rahmen des Neubaus der Entbindungsstation ein deutscher Ingenieur und sein kamerunischer Stellvertreter für die Technik verantwortlich sind und über den Neubau hinaus die gesamte Elektrik des Krankenhauses überprüfen und Gebäude für Gebäude die festgestellten Mängel beheben. Das Herz des Spitals, die klinischen Abteilungen, macht den Anfang, dann kommt der Kindergarten an die Reihe, in dem die Brandgefahr ebenfalls groß ist.

Die geschilderten Ereignisse unterstreichen, dass es an der Zeit ist, das nunmehr über dreißig Jahre alte Krankenhaus zu erneuern. Die Schweitzer-Freunde aus der Schweiz haben den Anfang gemacht und finanzieren die neue Entbindungsstation, die in den nächsten Monaten eingeweiht werden wird. Es ist der erste Schritt in eine Zukunft, die auch dem Staat Gabun wichtig ist.

Denn „100 Jahre Lambarene – 100 Jahre Menschlichkeit“ sollen kein Ende bedeuten. Ein Krankenhaus, in dem Ehrfurcht vor dem Leben praktiziert wird, hat nach wie vor eine Daseinsberechtigung, die Besinnung auf das ethische Fundament des Spitals bleibt eine Daueraufgabe. Doch muss dieses Spital Patienten und Mitarbeitern die Gewähr dafür bieten, dass das „Dorf, in dem man heilt“ für die Zukunft gerüstet ist. Und dafür bedarf es einer dringenden baulichen und technischen Erneuerung. Der Deutsche Hilfsverein möchte im Jubiläumsjahr 2013 dieses Projekt in eine breite Öffentlichkeit tragen und sich vor allem für die Renovierung der Kinderklinik und den Neubau des Kindergartens einsetzen, für die erhebliche Mittel benötigt werden. Die Erlöse sämtlicher Orgelkonzerte sollen diesem Projekt zugutekommen.