Landwirtschaft und Ernährung in Afrika

Von Daniel Neuhoff

In Asien hat die „grüne Revolution“ der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zu einer verbesserten Ernährungssituation eines Großteils der stetig wachsenden Bevölkerung beigetragen. Dieser Erfolg wurde jedoch mit einer Intensivierung der Landwirtschaft erkauft, die aufgrund des erheblichen Ressourcenverbrauchs und z.T. irreversibler Umweltschädigungen nicht als nachhaltig bezeichnet werden kann. In Afrika hatte die „grüne Revolution“ demgegenüber keinen Erfolg und als einzige Großregion der Welt ist dort die Pro-Kopf-Produktion an Nahrungsmitteln seit den sechziger Jahren nicht gestiegen.

Ein Blick auf die von der FAO (Food and Agriculture Organization) jährlich herausgegebene „World Hunger Map“ verdeutlicht die zum Teil bedrückende Lage. In vielen Ländern im zentralen und südlichen Afrika beträgt der Anteil der hungernden Bevölkerung über 30 %. Bis 2050 wird zudem noch eine Zunahme der Bevölkerung Afrikas von derzeit etwa 1 Milliarde auf dann 1,8 Milliarden Menschen erwartet.

Eine vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP = United Nations Environment Programme) im Jahre 2009 veröffentlichte Studie zur Lage in Afrika sieht die künftigen Herausforderungen vor allem in der Entwicklung von nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktionsmethoden, welche sowohl die Ernährungssicherheit der wachsenden Bevölkerung als auch die Stabilität der Ökosysteme gewährleisten.

Warum ist die Lage in Afrika besonders schwierig? Diese Frage stellen sich Kenner des Kontinents seit vielen Jahren ohne befriedigende Antwort. Obwohl nüchterne Analysen häufig menschlich kalt wirken, sind sie für eine solide Beurteilung von Problemen unumgänglich. So tragen laut UNEP viele Faktoren zur Ernährungsunsicherheit (food insecurity) in Afrika bei. Während akute Katastrophen, wie derzeit am Horn von Afrika, im Normalfall mit internationaler Hilfe bewältigt werden bzw. werden sollten, gibt es auch die mehr oder wenig hausgemachten Probleme, die sowohl wirtschaftlicher als auch soziokultureller Natur sind. Neben der mangelnden Verfügbarkeit von Nahrung aufgrund infrastruktureller und logistischer Defizite, z.B. schlecht erreichbare Orte, spielen ökologisch bedenkliche Nutzungssysteme, d.h. die Degradierung des Naturkapitals, beispielsweise durch Entwaldung, eine zunehmende Rolle. Verstärkt wird die mangelnde Produktivität in der Landwirtschaft durch fehlende Betriebsmittel und Kapital, schlechte Infrastruktur und unzureichendes Know-how der Bauern. Auch die klimatischen Bedingungen, vor allem die ungünstige Niederschlagsverteilung, sowie Schädlingsepidemien, beispielsweise Heuschrecken, und nicht zuletzt die erheblichen Nachernte-Verluste durch Verderb beinträchtigen die Nahrungsmittelproduktion in erheblichem Maße.

Trotz der ernüchternden Lage gibt es aber auch Zeichen der Hoffnung auf Besserung. Diese gründen sich einerseits auf der optimistischen Einstellung der Afrikaner und andererseits auf den erkennbaren wirtschaftlichen Fortschritt in einigen Sektoren, z.B. der Kommunikationstechnik. Auch im Bildungsbereich und in der medizinischen Versorgung, z. B. gegen Malaria, gibt es erfreuliche Fortschritte, die sich bei einem wirtschaftlichen Aufschwung Afrikas noch verstärken würden. Gelänge es, die Afrikaner von einem Geist der grenzenlosen Verantwortung für alles, was lebt, zu überzeugen, eröffneten sich weitere Potentiale der Entwicklung. Hier steht natürlich wieder Albert Schweitzer als Pate bereit, der schon zu seiner Zeit die Afrikaner anhielt, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen.

Was können bzw. sollen wir tun?

Die Wiege der Menschheit verdient in jedem Falle unsere volle Aufmerksamkeit und unsere Solidarität, allein schon wegen der von Albert Schweitzer erwähnten ‚symbolischen Wiedergutmachung’ für das während des Kolonialismus von den afrikanischen Völkern erlittene Unrecht. Zudem besitzen wir ja auch eine ‚grenzenlose Verantwortung für alles was lebt’ und diesem Anspruch bieten sich auch lohnende Entfaltungsmöglichkeiten. In jedem Falle ist das bedingungslose Helfen, etwa durch die dringend nötige Unterstützung des Spitals in Lambarene oder die Übernahme einer Patenschaft, ein jederzeit möglicher Ausdruck der menschlichen Verbundenheit. Auch der Erwerb von afrikanischen Produkten aus fairem Handel und künftig die Bereitstellung von Minikrediten sind sinnvolle Maßnahmen, welche die nachhaltige Entwicklung fördern. Der faire Handel boomt übrigens und es gibt mittlerweile in Deutschland über 36.000 Einkaufsstätten. Kein Sonnenstrahl geht verloren, und so wirkt auch hier der Geist Albert Schweitzers als schwungvolles Segel einer Ethik der Tat.