Von Ulrich Pakusch
… mit Orgel, Trommeln und Darstellern von beiden Kontinenten“: So lautet der Titel eines Abends, den Schauspieldirektor Bernhard Stengele und der Organist und Dirigent Ulrich Pakusch als Produktion des Theaters Altenburg/Gera zum Albert-Schweitzer-Jahr 2013 gemeinsam entwickelt haben.
Die Uraufführung dieser Hommage fand am 16. Januar 2013 in der Brüderkirche in Altenburg statt. Beteiligt waren die drei Schauspieler Rachelle Rasmata Ouédraogo, Mahamoudou Tapsoba und Ouelgo Téné vom Cito-Theater aus Ouagadougou, Burkina Faso, der am Theater Altenburg/Gera engagierte Schauspieler Philipp Reinheimer, Bernhard Stengele, der auch die Regie führte, und Ulrich Pakusch als musikalischer Leiter und Organist.
Nach monatelanger Recherche- und Probenarbeit brachten die Beteiligten an diesem Abend eine Hommage zur Uraufführung, die das gleichermaßen aufregende wie erfüllte Leben Albert Schweitzers zwischen Europa und Afrika, zwischen Philosophie und Tatkraft, zwischen Medizin und Musik erzählt. Die verwendeten Mittel ergänzen und durchdringen sich und sie ermöglichen, sich dieser Persönlichkeit von verschiedenen Seiten aus zu nähern.
Ein Element ist das afrikanische Erzähltheater, bei dem der Geschichtenerzähler als der traditionelle Bewahrer von Wissen und Kultur auftritt. Rachelle Rasmata Ouédraogo erzählt die Geschichte von M’baalbert. Sie erzählt mit ihrer Stimme, ihren Augen, ihren Händen, mit dem vitalen Schwung ihres geschmeidigen Körpers. Ouédraogos Geschichte beginnt in Kaysersberg im Elsass mit der Geburt eines Jungen und ist die auf traditionelle Erzählmuster heruntergebrochene Lebensgeschichte von Albert Schweitzer. Dabei agiert sie im französisch-afrikanisch-deutschen Dialog mit Philipp Reinheimer und dem Publikum. Verwoben wird die Geschichte mit Orgelmusik von Johann Sebastian Bach und Charles-Marie Widor, mit exotischer, vor Lebensfreude funkelnder afrikanischer Musik, mit Vokalmusik von Felix Mendelssohn Bartholdy. Verwoben wird diese Lebensgeschichte mit Texten, in denen Albert Schweitzer seinen philosophischen Kosmos formulierte: Bernhard Stengele rezitiert Auszüge aus dem Epilog von „Aus meinem Leben und Denken“, in dem Albert Schweitzer fordert, jede politische, wirtschaftliche und ethische Entscheidung an der „Ehrfurcht vor dem Leben“ zu messen. In diesem Zusammenhang werden aktuelle Zahlen zum Thema „Lebensmittelverschwendung“ und „Massentierhaltung“ verlesen, die mehr als deutlich widerspiegeln, wie richtungsweisend Albert Schweitzers Denken im Umgang mit diesen Themen heute sein kann. Sein Denken ist im Kern Nachhaltigkeitsdenken. Nachhaltige Entwicklung aber hat die UNO zum Leitbild der Menschheit für das 21. Jahrhundert erklärt.
Dieses Projekt fußt auf einer langjährigen künstlerischen Zusammenarbeit von Ulrich Pakusch und Bernhard Stengele. In ihrer gemeinsamen Zeit am Mainfranken Theater Würzburg entwickelten sie mehrere literarisch-musikalische Abende, darunter „Deutschland. Ein Wintermärchen“, „Seht, welch ein Mensch! – Die Passion“ und „Apokalypse“. Die Verbindung nach Burkina Faso baute Bernhard Stengele auf. Er lernte bei einer Produktion einen Schauspieler aus der Hauptstadt Ouagadougou kennen, kam in Kontakt mit dem Land und verfolgte die Idee einer Kooperation von Mainfranken Theater und Cito-Theater, die in eine gemeinsame Theaterproduktion mündete. Sieben Schauspieler aus Ouagadougou trafen auf sieben Schauspieler aus Würzburg und brachten im Oktober 2011 das eigens für diese Kooperation geschriebene Theaterstück „Les funérailles du désert“ heraus. Nach seinem Wechsel als Schauspieldirektor zu Theater & Philharmonie Thüringen engagierte Bernhard Stengele in der Spielzeit 2012/13 wiederum drei Kollegen aus Burkina Faso für das Weihnachtsmärchen nach Altenburg. Die Idee von Ulrich Pakusch, eine Albert-Schweitzer-Hommage mit Darstellern von beiden Kontinenten zu entwickeln, griff Bernhard Stengele unter diesen Umständen begeistert auf.
Damit konnte ein Beitrag zum Jubiläumsjahr entstehen, der auf eine ganz neue Theaterform abzielt. Voraussetzung für die Stückentwicklung war nicht eine vorgegebene mitteleuropäische Theaterästhetik, sondern der ernsthafte Versuch, verschiedene Ansätze und Funktionen von Theater zu einer eigenen Form zu vereinigen. Alle Beteiligten kreierten ein neues Miteinander, ein Miteinander, das Albert Schweitzer immer propagiert hat und das in dieser Hommage im Jahr 2013 anlässlich seiner ersten Begegnung mit Afrika neu geschaffen wird.
Diese Idee bedarf der Wiederbelebung und Weiterentwicklung, denn wir sind nach wie vor nichts anderes als „Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“.
Weitere Vorstellungstermine im Oktober und November:
23.10.: Offenburg, ev. Stadtkirche, 19.30h
24.10.: Ravensburg-Weißenau, Klosterkirche, 19.30h
26.10.: Überlingen, Franziskanerkirche, 19h
27.10.: Bad Endorf, St. Jakobus, 18h
28.10.: Wangen im Allgäu, St. Martin, 20h
29.10.: Basel, Theodorskirche, 19.30h
08.11.: Dresden, Haus der Kirche, Dreikönigskirche, 19.30h
27.11.: Gera, Salvatorkirche, 19.30h