Erstmalige Verleihung des Internationalen Albert-Schweitzer-Preises in Königsfeld

Von Prof. Dr. Ernst Luther, Dr. Einhard Weber

Mit einem gewissen Stolz formulierte der Südkurier aus Baden-Württemberg am 30. Mai 2011 unter der Überschrift „Zentrum der Schweitzer-Welt“: „Nicht in Lambarene, wo der Urwaldarzt ein Krankenhaus aufgebaut hat, und auch nicht in Günsbach, dem Ort seiner Kindheit, wurde zum ersten Mal der Albert-Schweitzer-Preis verliehen, sondern in der 6000-Einwohnergemeinde im Schwarzwald.“ Der einzige Ehrenbürger Albert Schweitzer hat hier für seine Familie ein Haus gebaut, das seit zehn Jahren zu einem wichtigen Dokumentations- und Besuchszentrum wurde. Das zehnjährige Bestehen nahm Bürgermeister Fritz Link zum Anlass, nach der Zusage einer großzügigen Dotation der Sparkasse Schwarzwald-Baar 14 nationale und internationale Schweitzer-Vereine zu bitten, ein Kuratorium zu bilden, das für die Auswahl der Preisträger kompetent ist.

Die Auftaktveranstaltung am 28. Mai war dem geistigen Erbe gewidmet. Im voll besetzten Haus des Gastes schilderte Roland Wolf, ehemaliger Vorsitzender der Fondation International de L’Hopital Albert Schweitzer den enormen Kraftakt, den die Gründung der Urwald-Klinik bedeutet hatte. Nach vielfachen Veränderungen zu Lebzeiten Schweitzers wurde 1981 eine 200-Betten-Klinik eingeweiht, von der Roland Wolf sagte: „Wir behandeln zuerst, dann versuchen wir, Geld einzutreiben. Sonst ist es umgekehrt in Afrika.“ Für die dringende Sanierung der Notaufnahme warb er um Spenden.

Thomas Schmidt vom Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar würdigte die Zusammenarbeit mit den historischen und kulturellen Vereinen in Königsfeld.

Nils Ole Oermann, Professor für Nachhaltigkeits-Ethik an der Universität Lüneburg, las im Anschluss aus seiner Biographie über Albert Schweitzer vor. Ihm folgte Prof. Dr. Ernst Luther mit Auszügen aus seinem Buch „Albert Schweitzer – Ethik und Politik“. Den eingeladenen Autor Friedrich Schorlemmer vertrat Chefarzt Dr. Christian Jenssen, der am Buch „Albert Schweitzer – Genie der Menschlichkeit“ mitgearbeitet hatte. Die lebhafte Debatte, an der sich auch das Publikum im Saal beteiligte, wurde von Ulrich Fricker, Politikredakteur des Südkurier, moderiert.

Nach den theoretischen Darlegungen am Nachmittag folgte am Abend des 28. Mai ein musikalisches Erlebnis mit dem Pianisten, Organisten und Komponisten Thierry Mechler. Neben seinen eigenen Kompositionen brachte er Werke von J. S. Bach und F. Liszt zum Klingen. Die Ovationen wollten kein Ende nehmen. Mechler bedankte sich mit Zugaben von Claude Debussy.

Am Vormittag des 29. Mai fand ein ökumenischer Gottesdienst statt, bei dem vieles anders war als sonst beim sonntäglichen Gottesdienst. Dem Ort gleich, hat auch der große Kirchensaal der Herrnhuter Brüdergemeine ein Festgewand angelegt. Nach den Worten der evangelischen und katholischen Pfarrer aus Königsfeld hielt als Gast aus der Schweiz Dr. Clemens Frey, Pfarrer von der Tituskirche aus Basel unter dem Leitmotiv „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“ (Mt. 18,20) eine beeindruckende Predigt.

Höhepunkt der beiden Tage war zweifellos unter Anteilnahme der Enkelin Albert Schweitzers, Frau Monique Egli-Eckert, die erstmalige Verleihung des Internationalen Albert-Schweitzer-Preises an den Theologen, Psychoanalytiker, Kirchenkritiker und bekannten Schriftsteller Eugen Drewermann für sein geistiges Wirken im Sinne Schweitzers und an den Kinderarzt Dr. Rolf Maibach und seine Frau Raphaela Maibach-Simon für ihr humanitäres Wirken im Albert Schweitzer-Spital in Haiti.

Die Laudatio für Drewermann hielt der Journalist Franz Alt, der bekannte, dass er durch Drewermann „einen Schatz fürs Leben gefunden“ habe. Drewermann sprach über 60 Minuten völlig frei, hoch konzentriert, emotional bewegend über Schlüsselerlebnisse in seiner Kindheit (1944/45), die maßgeblich seine Einstellung zu Eigentum, Geld und Wirtschaft geprägt haben. Schweitzers Bücher waren für ihn lebenswichtig, um seinen Weg zu Jesus zu finden. Die 700 Gäste im Saal hatten sich nach seiner Rede von den Plätzen erhoben und spendeten minutenlang Beifall.

Es war für das Ehepaar Maibach klar, dass sie einen anderen Weg mit ihrem Beitrag gehen mussten. Sie überzeugten mit einem eindrucksvollen Lichtbildervortrag über ihre Arbeit in Haiti, insbesondere nach dem schrecklichen Erdbeben. Beide waren sofort nach dem Beben aus dem Urlaub nach Haiti geflogen, um sich an der Hilfe zu beteiligen. Drei Tage und Nächte operierte das Team, um den am schwersten Betroffenen zu helfen. Im Mittelpunkt des Beitrages stand ein Kind, das mit zwei Jahren von Rolf Maibach amputiert wurde und nun nach dem Erdbeben als Zehnjährige wieder auftauchte und Hilfe erhielt. Unvergessen bleiben im Gedächtnis die Bilder vom Mädchen Cherline, das wieder lachen konnte, unvergessen die Bilder über die Schaffung einer Prothesenwerkstatt, betrieben von Bürgern Haitis, die sich vorher kunstgewerblich beschäftigt hatten. Für diese langjährige Entwicklungshilfe im Geiste Schweitzers wurde das Ehepaar auch in der Schweiz geehrt. Der Präsident der AISL, Christoph Wyss würdigte in seiner Laudatio beider Schaffen mit den Worten: „Wie andere vor ihnen, haben Raphaela und Rolf Maibach ihr gemeinsames Lambarene gefunden.“

Mit einem lang anhaltenden Beifall erhoben sich die Teilnehmer im Saal und dankten dem Ehepaar für ihr Wirken. Der Abend des 29. Mai klang mit einem Empfang für alle Gäste im Helene-Schweitzer-Saal aus und ermöglichte so noch vielfältige persönliche Gespräche.

Der Südkurier verweist in seiner Ausgabe vom 30. Mai, dass Bilder und Videos zur erstmaligen Verleihung des Albert-Schweitzer-Preises im Internet zu finden sind, unter: www.suedkurier.de/koenigsfeld